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Jahrespressebericht vom 31. März 2017

Datum: 31.03.2017

Kurzbeschreibung: PRESSEMITTEILUNG vom 31.03.2017

Kurzbeschreibung 

Die Geschäftslage des Verwaltungsgerichts Stuttgart wurde im Jahr 2016 durch den enormen Anstieg von Asylverfahren bestimmt. Insoweit verzeichnete das Gericht einen Eingang von 6.606 Verfahren und damit fast 2,3 mal so viele Asylverfahren wie im Vorjahr. Die Neueingänge in allgemeinen Verwaltungsrechtssachen gingen mit 2.865 Verfahren dagegen um knapp 7 % zurück. Insgesamt wurden 9.471 Verfahren und damit rund 58 % mehr Verfahren als im Vorjahr bei Gericht anhängig gemacht. 

14 Kammern mit 53 Richterinnen und Richtern (Voll- und Teilzeit) erledigten mit Unterstützung von 39 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern (Voll- und Teilzeit) insgesamt 6.625 Verfahren. Die durchschnittliche Verfahrensdauer in Asylverfahren konnte sowohl in den Hauptsache- als auch in den Eilverfahren verkürzt werden. In Anbetracht der extrem hohen Eingänge nahm der Gesamtbestand an offenen Verfahren trotz verbesserter personeller Ausstattung und Steigerung der Erledigungen zum Jahresende auf fast das Doppelte zu. Am 31.12.2016 waren insgesamt noch 5.825 Verfahren anhängig. 

Hauptherkunftsländer bei den Asylverfahren waren die Staaten des Westbalkan, Syrien, Pakistan, Afghanistan, Irak, Gambia und Algerien. 

I. Geschäftsentwicklung 

1. Verfahrenseingänge

Im Geschäftsjahr 2016 sind beim Verwaltungsgericht Stuttgart deutlich mehr Verfahren als in den Vorjahren eingegangen. Während im Jahr 2015 noch 6.011 Verfahren eingingen, waren es 2016 insgesamt 9.471 Verfahren, was einem sehr hohen Zuwachs von rund 58 % gegenüber dem Vorjahr entspricht. Es ist zwischen den verschiedenen Verfahrensarten zu unterscheiden: 

Bei den Asylverfahren kam es zu einem sprunghaften Zuwachs von 126 % im Vergleich zu dem bereits hohen Niveau der Eingangszahlen des Vorjahrs. Im Jahr 2016 sind 6.606 Verfahren in diesem Bereich eingegangen, während die Zahl im Jahr 2015 bei 2.923 Verfahren lag. Dieser weitere Anstieg der Asylverfahren ist vor allem auf die gehäuften Eingänge aus den Herkunftsländern des Westbalkan (Serbien, Mazedonien, Kosovo, Bosnien-Herzegowina, Montenegro und Albanien) sowie den Ländern Syrien, Pakistan, Afghanistan, Irak und Gambia zurückzuführen. Im Zeitraum 01.01.2017-15.03.2017 gingen beim Verwaltungsgericht Stuttgart im Übrigen bereits über 2.750 Asylverfahren ein. 

Die Eingänge von allgemeinen Verwaltungsstreitsachen sind im Jahr 2016 um rund 7,0 % gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen. Hierbei ist die Zahl in diesem Bereich von 3.088 auf 2.865 Verfahren gesunken. 

2. Erledigungen

Auch im Laufe des vergangenen Jahres wurde das Verwaltungsgericht Stuttgart um eine Kammer erweitert. Die 14 Fachkammern und 4 - personengleich besetzten - Spezialkammern für Disziplinar- und Personalvertretungsrecht haben im Geschäftsjahr 2016 insgesamt 6.625 Verfahren erledigt, was - ausgehend von dem hohen Vorjahresniveau - einer Steigerung der Erledigungen von über 5 % im Vergleich zum Jahr 2015 entspricht. Hierbei wurden im Jahr 2016 2.735 allgemeine Verwaltungsstreitigkeiten (Vorjahr: 3.077 Verfahren) und 3.890 Asylverfahren (Vorjahr: 3.192 Verfahren) erledigt. Danach hat sich die Erledigungsquote in Asylsachen um rund 22 % erhöht und im Bereich der allgemeinen Verwaltungsstreitsachen um 12 % verringert. 

3. Anhängige Verfahren

Der Gesamtbestand anhängiger Verfahren ist zum Stichtag 31.12.2016 auf 5.825 Verfahren - gegenüber 2.979 Verfahren zum Ende des Vorjahres - und damit um ca. 96 % angestiegen. Dabei zeigt die Sicht auf die unterschiedlichen Verfahrensarten, dass sich der Bestand an allgemeinen Verwaltungsstreitsachen von 2.049 Verfahren im Vorjahr moderat auf nun 2.179 Verfahren und somit um 6 % erhöht hat. Der Bestand an offenen Asylverfahren hat sich sehr stark auf 3.646 Verfahren (gegenüber 930 Verfahren in 2015) und damit auf fast das Vierfache erhöht. 

4. Verfahrensdauer

In Klageverfahren bei den allgemeinen Verwaltungsrechtsstreitigkeiten verlängerte sich die durchschnittliche Verfahrensdauer auf 10,7 Monate (Vorjahr: 9,0 Monate), während bei Asylverfahren die Dauer von 7,3 Monaten aus dem Vorjahr auf nun 5,8 Monate verkürzt werden konnte. Bei den Eilverfahren in allgemeinen Verwaltungsstreitsachen wurde die durchschnittliche Dauer mit 2,0 Monaten aus dem Vorjahr beibehalten, während sich auch die Dauer der Eilverfahren im Asylbereich mit 1,6 Monaten im Vergleich zum Jahr 2015 um 0,2 Monate verringert hat. 

5. Ausgang der Verfahren

Die Quote der stattgebenden Hauptsacheentscheidungen in allgemeinen Verwaltungsrechtssachen beträgt im Geschäftsjahr 2016 4,6 % gegenüber 6,0 % im Jahr 2015. Im Bereich der Asylverfahren stieg diese Quote auf 8,9 % im Vergleich zu 2015 mit 4,8 % an. In den Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist die Zahl der stattgebenden Beschlüsse in allgemeinen Verwaltungsrechtssachen von 7,6 % gegenüber 9,0 % im Vorjahr gesunken, in Asylverfahren jedoch von 6,9 % im Jahr 2015 auf nun 10,5 % angestiegen. Einzelheiten sind der anliegenden Tabelle zu entnehmen. 

Hinsichtlich der „Erfolgs“-Quoten ist allgemein zu berücksichtigen, dass viele Verfahren sich ohne streitige Entscheidung auf sonstige Weise (durch Vergleich, übereinstimmende Erklärung der Erledigung des Verfahrens oder durch Rücknahme) und damit häufig auch zugunsten der Kläger/Antragsteller erledigen.  

6. Tätigkeitsbereich

Fast 70 % der gesamten Verfahrenseingänge entfielen im Jahr 2016 auf Asylverfahren, während im Vorjahr die Asyleingänge nur knapp die Hälfte aller Verfahrenseingänge ausmachten. Im Bereich der allgemeinen Verwaltungsrechtssachen liegen die Klagen und Anträge aus dem Bereich des öffentlichen Dienstrechts, also Streitigkeiten von Kommunal-, Landes- oder Bundesbeamten mit insgesamt 547 Ver­fahren wie im Jahr 2015 an der Spitze der Eingänge (2015: 667 Verfahren). An zweiter Stelle folgen die Verfahren aus dem Bereich des Ausländerrechts mit 446 Eingängen (2015: 441 Eingänge). Nimmt man die Eingänge im Asyl- und Ausländerrecht zusammen, machen sie insgesamt ca. 75 % der gesamten Verfahrenseingänge des Verwaltungsgerichts Stuttgart aus. Im Jahr 2015 lag diese Quote noch bei 56 %. Rein zahlenmäßig befinden sich im Jahr 2016 mit 413 Eingängen die Verfahren aus dem Bereich des Polizei- und Ordnungsrechts (Vorjahr: 432) an dritter Stelle. An vierter Stelle liegen die Verfahren aus dem Bereich des Baurechts und des Denkmalschutzes mit 349 Eingängen (Vorjahr: 326) und an fünfter Position folgen die Verfahren aus dem Bereich des Bildungsrechts mit 337 Eingängen (Vorjahr: 395). Die Zahl der Verfahrenseingänge im Personalvertretungsrecht ist auf 53 gesunken (2015: 66).

Kreisdiagramm
 
  
  
  

Bei den Asylverfahren stellen die Staaten des Westbalkan (Serbien, Mazedonien, Kosovo, Montenegro, Albanien und Bosnien-Herzegowina), ferner Syrien, Pakistan, Afghanistan, Irak und Gambia die eingangsstärksten Herkunftsländer dar. 

II. Personalsituation

Am 31.12.2016 waren am Verwaltungsgericht Stuttgart 53 Richterinnen und Richter mit 50,5 Arbeitskraftanteilen (Vorjahr 47 AKA) und 39 weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit 33,18 AKA (Vorjahr 32,69 AKA) beschäftigt. Damit hat sich der Mitarbeiterstand um 5 Personen (3,99 AKA) erhöht. Davon waren 26 Richterinnen, davon sechs Vorsitzende Richterinnen und die Präsidentin, in Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigung tätig, was einem Anteil von 49,10 % (Vorjahr 40,82 %) der Richterschaft entspricht. Im Bereich der anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist der Anteil der Frauen deutlich höher, nämlich 33 von 39. Im Jahr 2016 traten 9 weitere Proberichter ihren Dienst beim Verwaltungsgericht Stuttgart an, bei dem zum Jahresende 2016 19 Proberichter tätig waren. Das Durchschnittsalter der Richterschaft des Verwaltungsgerichts Stuttgart beträgt 48,15 Jahre (Vorjahr 50,2 Jahre).

III. Anhängige Verfahren von öffentlichem Interesse

 1.  Klage wegen Unterlassung von Ruhestörung (Asylbewerberunterkunft)

(Az.: 2 K 6575/16)

In diesem seit 13.10.2016 (nach Verweisung durch das Amtsgericht Nürtingen) anhängigen Rechtstreit gegen das vom Landkreis Esslingen vertretene Land Baden-Württemberg wenden sich die Eigentümer (Kläger) eines Wohnhauses gegen die von Flüchtlingen ausgehende Ruhestörung in Beuren. Seit Anfang November 2015 sind in einem benachbarten Zweifamilienhaus, das vom Landkreis Esslingen zur Unterbringung von Flüchtlingen angemietet wurde, (derzeit) 23 alleinstehende, männliche Asylbewerber untergebracht.

Die Kläger machen geltend, von der Flüchtlingsunterkunft gingen weit über das hinnehmbare Maß unzumutbare Lärmbelästigungen vor allem nachts aus. Sie hätten deshalb einen öffentlich-rechtlichen Abwehr- und Unterlassungsanspruch (nach §§ 1004 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. 906 BGB analog). Sie begehren vom beklagten Land, die andauernden Ruhestörungen und Lärmbelästigungen, insbesondere in den Nachtstunden (von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr) in Form von lauter Musik bei offenen Fenstern sowie lautstarken Unterhaltungen und Geschrei zu unterlassen.

Das beklagte Land trägt demgegenüber vor, die Voraussetzungen eines öffentlich- rechtlichen Unterlassungsanspruches lägen nicht vor. Die Geräuscheinwirkungen bewegten sich vorliegend durchaus im Bereich des Ortsüblichen und seien sozialadäquat sowie zumutbar. Auch habe das beklagte Land alles Zumutbare unternommen, um eine Entspannung der nachbarlichen Verhältnisse herbeizuführen.

Eine Terminierung ist für die zweite Jahreshälfte 2017 angedacht. 

2.  Kirchheimer Bürgerbegehren gegen Anschlussunterbringung von Flüchtlingen

(Az.:7 K 9667/16) 

Mit der am 27.12.2016 erhobenen Untätigkeitsklage begehren zwei Bürger (Kläger) aus Kirchheim/Teck die Verpflichtung der beklagten Stadt Kirchheim, das Bürgerbegehren zur Anschlussunterbringung von Flüchtlingen in Kirchheim für zulässig zu erklären.

Die Stadt Kirchheim unter Teck hat bis Ende 2017 nach derzeitigen Zahlen 680 Flüchtlinge unterzubringen. Nach dem mit Beschluss des Gemeinderates vom 03.02.2016 beschlossenen Gesamtkonzept sollen diese Flüchtlinge ganz überwiegend in neu zu bauenden Unterkünften auf städtischen Grundstücken untergebracht werden. In Auseinandersetzung mit diesem Gemeinderatsbeschluss reichten am 02.05.2016 drei Vertrauensperson ein Bürgerbegehren bei der Stadt Kirchheim zu folgender Frage ein, das 2.327 Kirchheimer Bürger unterzeichnet hatte: 

„Sollen die der Stadt Kirchheim unter Teck zugewiesenen Flüchtlinge für die Anschlussunterbringung den 11 Stadtbezirken und Teilorten proportional zu deren Einwohnerzahl und dezentral mit nicht mehr als 40 Bewohnern pro Standort zugewiesen werden?“ 

Die Initiatoren dieses Bürgerbegehrens sind der Auffassung, dass allein die Verteilung der Flüchtlinge nach dem Einwohnerschlüssel sachgerecht sei. 

In seiner Sitzung vom 22.06.2016 beschloss der Gemeinderat der Stadt, dass das Bürgerbegehren unzulässig sei. In Umsetzung dieses Gemeinderatsbeschlusses stellte die Stadt Kirchheim nach Einholung eines Rechtsgutachtens mit Bescheid vom 10.08.2016 die Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens zur Durchführung eines Bürgerentscheid nach § 21 GemO über die Anschlussunterbringung von Flüchtlingen fest. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, das Bürgerbegehren sei inhaltlich unbestimmt, es habe keinen vollzugfähigen Inhalt und enthalte keinen Vorschlag zur Deckung der Mehrkosten. Auch kollidiere es mit der rechtlichen Verpflichtung zur Anschlussunterbringung. Hiergegen haben die klagenden Bürger mit Schreiben vom 08.06.2016 Widerspruch eingelegt, über den bislang vom Regierungspräsidium Stuttgart nicht entschieden wurde, und am 27.12.2016 Untätigkeitsklage zum Verwaltungsgericht erhoben. Sie sind der Auffassung, dass die im Bescheid vom 10.08.2016 genannten Gründe für die Unzulässigkeit des Bürger Begehrens sämtlich nicht vorlägen. 

Die beklagte Stadt Kirchheim hat bislang noch keine Klageerwiderung abgegeben. 

3.  Eilantrag gegen Windpark „Goldboden“ im Schurwald

(Az.: 11 K 1080/17) 

In diesem seit 27.01.2017 anhängigen Eilverfahren wendet sich ein Bürger aus Winterbach gegen die vom Landratsamt Rems-Murr-Kreis am 02.12.2016 erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung für den Windpark „Goldboden“ im Schurwald oberhalb vom Winterbach. 

Genehmigt sind zwei Windräder mit Nabenhöhe 164 m und ein drittes mit Nabenhöhe 166 m. Der Rotordurchmesser der Anlagen beträgt jeweils 131 m, die Nennleistung jeweils 3,3 MW. Die Anlagen befinden sich weitestgehend im Bereich des vom Verband Region Stuttgart geplanten Windvorranggebiets WN-34 „Goldboden“. Vorhabenträgerin ist die EnBW Windkraftprojekte GmbH, die beigeladen wurde. Die Bauarbeiten für die Anlagen sind schon im Gange. 

Der Antragsteller macht im Wesentlichen geltend, es sei zweifelhaft, ob der Standort „Goldboden“ überhaupt die nötige Windhöffigkeit für einen wirtschaftlichen Betrieb von Windenergieanlagen biete. Es werde befürchtet, dass eine Investitionsruine entstehe. Deshalb liege es jedenfalls nicht im besonderen öffentlichen Interesse, die sofortige Vollziehbarkeit der Genehmigung anzuordnen. Außerdem wird geltend gemacht, dass die durchgeführte standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls für eine Umweltverträglichkeitsprüfung fehlerhaft sei. Das Landratsamt habe nicht berücksichtigt, dass an mehreren nahe gelegenen Standorten im Landkreis Esslingen und im Landkreis Göppingen ebenfalls ähnliche Windenergieanlagen geplant bzw. im Genehmigungsverfahren seien und sich die Einwirkungsbereiche der Anlagen auf Natur und Mensch berührten bzw. überschnitten. Deshalb sei eine breiter angelegte allgemeine Vorprüfung der UVP-Pflicht erforderlich. 

Mit einer Entscheidung ist Ende April/Anfang Mai 2017 zu rechnen. 

4.  Klage der Deutschen Umwelthilfe e.V. gegen das Land Baden-Württembergwegen Fortschreibung des Luftreinhalteplanes / Teilplan Landeshauptstadt Stuttgart

(Az.: 13 K 5412/15) 

Zum Schutz der menschlichen Gesundheit ist seit 01. Januar 2010 europaweit für Stickstoffdioxid der Stundengrenzwert von 200 µg/ m3 einzuhalten, der nicht öfter als achtzehnmal im Kalenderjahr überschritten werden darf. Der Grenzwert im Jahresmittel beträgt 40 µg/m3. Aktuell gilt der Luftreinhalteplan für den Regierungsbezirk Stuttgart, Teilplan Landeshauptstadt Stuttgart, in der Fassung der 2. Fortschreibung aus dem Jahre 2014. In einem vom beklagten Land in Auftrag gegebenen Gutachten vom Mai 2015 wurde festgestellt, dass die Grenzwerte der 39. Bundesimmissionsschutzverordnung für Stickstoffdioxid und Feinstaub im Ballungsraum Stuttgart unter Zugrundelegung der bisher vorgesehenen Maßnahmen auch in Zukunft und bis über das Jahr 2020 hinaus nicht eingehalten werden. 

Mit ihrer am 18.11.2015 erhobenen Klage gegen das vom Regierungspräsidium Stuttgart vertretene Land Baden-Württemberg begehrt die Deutsche Umwelthilfe e.V. die Verpflichtung des beklagten Landes, den für die Stadt Stuttgart geltenden Luftreinhalteplan so zu ändern, dass dieser die für das Stadtgebiet Stuttgart erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Grenzwertes für Stickstoffdioxid i.H.v. 40 µg/ m3 und des Stundengrenzwertes von 200 µg/m3 (der nicht öfter als achtzehnmal im Kalenderjahr überschritten werden darf) enthält. 

Die Deutsche Umwelthilfe e.V. ist u.a. der Auffassung, sie habe einen Anspruch auf Änderung/Fortschreibung des für Stuttgart geltenden Luftreinhalterechts, der die erforderlichen und geeigneten Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung der Luftverunreinigung festlege. Bisher ergriffenen Maßnahmen sei nicht geeignet, die Grenzwertüberschreitungen so kurz wie möglich zu halten. Das beklagte Land kündige lediglich Maßnahmen an, deren Minderungspotenzial nicht beziffert werde. 

Das beklagte Land vertritt demgegenüber u.a. die Auffassung, Fahrzeuge der Euro 6 -Norm könnten aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit die Einfahrt in die Innenstadt nicht untersagt werden. In Bezug auf Fahrverbote für Fahrzeuge mit schlechterer Abgasnorm als Euro 6 bedürfe es der vorherigen Einführung einer geeigneten Kennzeichnung durch den Bundesgesetzgeber (blaue Plakette), wobei aus Gründen der Verhältnismäßigkeit Übergangsfristen eingeführt werden müssten.

Die Verwaltungsrechtssache ist noch nicht entscheidungsreif. Fest steht allerdings, dass die Kammer derzeit nicht beabsichtigt, die ausstehende Sprungrevisions-Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts im Fall Düsseldorf abzuwarten, da mit dieser Entscheidung aller Voraussicht nach nicht bis Ende Juli 2017 (voraussichtlicher Zeitpunkt des Inkrafttretens der Fortschreibung des Luftreinhalteplanes) gerechnet werden kann. 

5.  Klage der Deutschen Bahn AG gegen Stuttgart 21- Projektpartner wegen Finanzierung von Mehrkosten für das Projekt Stuttgart 21 (Az.: 13 K 9542/16) 

Mit der am 27.12.2016 eingegangenen Klage will die Deutsche Bahn als Bauherrin des Projekts Stuttgart 21 erreichen, dass das Land Baden-Württemberg, die Landeshauptstadt Stuttgart, der Verband Region Stuttgart sowie die Flughafen Stuttgart GmbH sich an den Mehrkosten für das Projekt beteiligen. 

Das Vorhaben Stuttgart 21 wird von der Deutschen Bahn AG auf bis zu 6,5 Milliarden € kalkuliert. Bis März 2013 waren es noch gut 4,5 Milliarden €. An den Mehrkosten von bis zu 2 Milliarden € will die Bahn zu 65 % die Projektpartner beteiligen. Das beklagte Land Baden-Württemberg steuerte bislang 930 Millionen €, die Landeshauptstadt Stuttgart knapp 300 Millionen €, der Flughafen Stuttgart 339 Millionen € und der Verband Region Stuttgart 100 Millionen € bei. 

Die Deutsche Bahn AG stützt ihren Anspruch auf eine Mitfinanzierung der Mehrkosten durch die beklagten Projektpartner auch über 4,526 Milliarden € hinaus auf eine sogenannte Sprechklausel im Finanzierungsvertrag von 2009. In § 8 Abs. 4 des Finanzierungvertrages steht: „Im Fall weiterer Kostensteigerungen nehmen die Eisenbahninfrastrukturunternehmen und das Land Gespräche auf“. 

Die umfangreiche Klagebegründung wurde an die Beklagten zugestellt. Eine Klageerwiderung ist bislang bei Gericht noch nicht eingegangen, weshalb derzeit offen ist, wann es zu einer mündlichen Verhandlung kommt. 

6.  Streit um Kormorane nach Jagst-Unglück

(Az.: 13 K 5028/16) 

Bei einem Mühlenbrand in Kirchberg (Kreis Schwäbisch Hall) war im August 2015 mit Ammoniumnitrat kontaminiertes Löschwasser in die Jagst gespült worden. Mehr als 20 Tonnen Fische verendeten. Hierauf wurde das Aktionsprogramm Jagst vom Ministerium für ländlichen Raum und Verbraucherschutz ins Leben gerufen, mit dem Ziel, die verschwundenen Fischpopulationen wiederherzustellen. Als eine flankierende Maßnahme erteilte das Regierungspräsidium Stuttgart als höhere Naturschutzbehörde für Teilstrecken der Jagst und der Nebenflüsse Seckach und Kessach der Fischhegegemeinschaft Jagst am 21.07.2016 eine Ausnahmegenehmigung zur letalen Vergrämung (Abschuss) von Kormoranen, um die in der Jagst (noch) vorhandenen Fischarten zu schützen. Diese gilt vom 01. September an bis zum 15. März, von 2016 bis 2022. In den fünf Jahren dürfen 170 Kormorane getötet werden, maximal 50 pro Jahr. Der Abschuss an der Jagst ist zwischen der Brücke in Hessenau bis zur Neckar-Mündung zulässig - mit Ausnahme folgender Strecken: Einmündung Stechbergklinge bis Einmündung Schindbach (Langenburg), Brücke Mulfingen bis Brücke Dörzbach und Brücke Gommersdorf bis Kläranlage Schöntal gestattet. 

Gegen diese Ausnahmegenehmigung vom 21.07.2016 hat die Fischhegegemeinschaft Jagst und der Landesfischereiverband Baden-Württemberg e.V. als anerkannter Naturschutzverband Klage erhoben. Zur Begründung tragen sie vor, der Wiederaufbau der Fischpopulation in der Jagst sei nur dann möglich, wenn gewährleistet sei, dass die eingesetzten Fische eine reelle Chance hätten, sich dauerhaft zu etablieren. Dies sei aber nicht möglich, wenn der Fischbestand durch massenhaft auftretende Kormorane, die Gewässer förmlich leer fressen würden, wieder vernichtet werde. Durch die in der Ausnahmegenehmigung ausgenommenen Naturschutzgebietstrecken von über 27 km seien jedoch 50 % der Gewässerstrecke von der Vergrämung ausgenommen. Dadurch sei eine nachhaltige Vergrämung in dem Gebiet kaum mehr möglich, da sich die Kormorane in den langen, vergrämungsfreien Abständen ungestört aufhalten könnten. Auch dürfe die Abschusszahl nicht beschränkt werden. Zudem habe das Regierungspräsidium seine Ausnahmegenehmigung auf ein Gutachten vom Juni 2015 gestützt und damit auf einen Zustand der Jagst vor dem massiven Fischsterben im August 2015. 

Das beklagte Land hat bislang auf die Klage nicht erwidert, weshalb zur Zeit eine Terminierung nicht absehbar ist. 

7.  Klage der Evangelischen Gesamtkirchengemeinde Stuttgart gegen Gehwegeinigungsgebühren im Jahr 2014             (Az.: 8 K 3545/16) 

Die Evangelische Gesamtkirchengemeinde wendet sich gegen einen Bescheid der Landeshauptstadt Stuttgart (Beklagte) vom 23.07.2014, mit der diese die Klägerin für den Zeitraum Mai 2014 bis Dezember 2014 zu Gebühren für die öffentliche Gehwegreinigung vor ihren Grundstücken im Hospitalviertel (Gymnasiumstraße) und im Leonhardsviertel (Heusteigstraße und Leonhardsplatz) in Höhe von insgesamt 20.419,77 EUR herangezogen hat. 

Im Stadtgebiet der Beklagten gilt die Satzung über das Reinigen, Räumen und Bestreuen der Gehwege vom 22.09.2011. Darin wird die Reinigungspflicht hinsichtlich der Gehwege (und weiterer Verkehrsflächen) den Straßenanliegern auferlegt. Etwas anderes gilt für die Gehwege und Flächen im Geltungsbereich der Satzung über die öffentliche Gehwegreinigung in Stuttgart (ÖGS). Dort entfällt diese Verpflichtung. Die Gehwegreinigung wird in diesen Bereichen von der Beklagten vorgenommen, die hierfür von den Straßenanliegern Gebühren nach Maßgabe der Satzung über die Erhebung von Hausgebühren (HGS) verlangt. Um welche Gehwege und Flächen es sich handelt, ergibt sich dabei aus einem der ÖGS beigefügten Straßenverzeichnis. 

Im Dezember 2013 hatte die Beklagte eine Änderung der ÖGS und der HGS mit Wirkung ab 01.01.2014 beschlossen. Dabei wurde insbesondere das Verzeichnis der Straßen, bei denen die Gehwegreinigung von der Beklagten vorgenommen wird, erweitert. Die bisherige Aufteilung in zwei Reinigungszonen blieb erhalten (Reinigungszone I: Königsstraße mit angrenzenden Seitenstraßen, Reinigungszone II: Arnulf-Klett- und Rotebühl-Passage), die Reinigungszone I aber (u.a.) um Straßen im Hospital-, Gerber- und Leonhardsviertel erweitert. Die Höhe der Gebühr wurde für die Reinigungszone I auf 68,95 EUR jährlich je laufenden Meter Gehweglänge festgesetzt (Reinigungszone II: 140 EUR), wobei die Reinigung in der Regel sieben Mal in der Woche erfolgen soll, die Sonntagsreinigung lediglich als Grobreinigung. Die Erweiterung der Reinigungszone I begründete die Beklagte u.a. mit der zunehmenden Verschmutzung im Innenstadtbereich. 

Auf Grund dieser neuen Satzungsregelungen erließ die Beklagte gegen die Klägerin den angefochtenen Gebührenbescheid vom 23.07.2014. Die Klägerin erhob gegen den Bescheid im August 2014 Widerspruch, den sie im Wesentlichen damit begründete, dass die Auswahl der Straßen, bei denen die Gehwegreinigung durch die Stadt vorgenommen werde, willkürlich sei und deshalb gegen Art. 3 des Grundgesetzes verstoße. Auch sei eine Inanspruchnahme der Straßenanlieger für die Kosten der Gehwegreinigung nicht gerechtfertigt, weil die Verunreinigungen durch die Besucher der „Partymeile“ auf der Theodor-Heuss-Straße verursacht würden, welche deshalb ihrerseits zu deren Beseitigung heranzuziehen seien. Weiterhin sei der „Frontmetermaßstab“ nicht sachgerecht, weil er nicht nach der Breite der Gehwege, der Reinigungsintensität oder dem unterschiedlichen Aufwand durch verschiedene Hindernisse differenziere. Schließlich sei das mit 5 % in der Gebührenbedarfsberechnung 2014 in Abzug gebrachte öffentliche Interesse an der Gehwegreinigung zu niedrig festgesetzt. 

Nachdem die Beklagte den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 08.06.2016 zurückgewiesen hat, erhob die Klägerin am 17.06.2016 Klage beim Verwaltungsgericht Stuttgart. Zur Klagebegründung macht sie ergänzend im Wesentlichen geltend, dass sie gegenüber Eigentümern im übrigen Stadtgebiet ungerechtfertigt ungleich behandelt werde. Auch sei eine vermeintliche Zunahme der Verschmutzung der Innenstadt kein sachlicher Grund für die Einbeziehung dieser Straßen. Die Vornahme der Gehwegreinigung durch die Stadt diene vorwiegend dem Allgemeininteresse. Mit der täglichen Reinigung pflege sie einen besonderen „Reinlichkeitsanspruch“ im Interesse ihrer Selbstdarstellung. Eine so häufige Reinigung entspreche offensichtlich nicht dem Umfang der gesetzlichen Gehwegreinigungspflicht der Anwohner, für deren Übernahme allein die Gebühren verlangt werden könnten. Die Beklagte hat hiergegen im Wesentlichen eingewandt, dass die Neuabgrenzung der Reinigungszone I ab 01.01.2014 sachgerecht erfolgt sei. Maßgebend für die Abgrenzung sei die auf Grund von Beschwerden und Feststellungen des Amtes für öffentliche Ordnung zunehmende Verschmutzung auch im Hospital- und Leonhardsviertel. Die Gebühr sei nicht die Gegenleistung für die Freistellung von der Pflicht, ein bestimmtes Stück Gehwegfläche zu reinigen, sondern für den Vorteil, der den Straßenanliegern dadurch zu Gute komme, dass die Gemeinde die Gehwege der anderen Grundstücken entlangführenden Straßen reinige und sicher begehbar halte. Die Vorteile der Reinigung der Gehwege komme nicht der Allgemeinheit, sondern in erster Linie den Anliegern und dem durch sie provozierten Besucher- und Kundenverkehr zu. Die Reinigung ermögliche ihnen die wirtschaftliche und verkehrliche Nutzung ihrer Grundstücke. 

Die mündliche Verhandlung in dieser Sache findet am Mittwoch, 26.04.2017, um 10.45 Uhr im Sitzungssaal 4 des Verwaltungsgerichts statt. 

8.  Klage gegen Tempolimit auf Wildparkstraße im Stuttgarter Westen (Luftreinhalteplan Stuttgart 1990)

(Az.: 13 K 5157/16) 

Die Kläger begehren mit ihrer am 24.08.2016 beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhobenen Klage die Aufhebung der auf der Wildparkstraße im Stuttgarter Westen zwischen Wildparkdreieck und Kreisgrenze Ludwigsburg/Gerlingen geltenden Geschwindigkeitsbegrenzung von 80 km/h für Pkw. 

Mit straßenverkehrsrechtlicher Anordnung vom 05.08.2009 hatte die Stadt Stuttgart auf der Wildparkstraße ab der Anschlussstelle Botnang bis zur Gemarkungsgrenze Stuttgart in beiden Fahrtrichtungen auf Grundlage des Luftreinhalteplans Stuttgart 1990 ein Tempolimit von 80 km/h für Pkw bzw. von 60 km/h für Lkw angeordnet. Die dementsprechende Beschilderung erfolgte am 22.10.2009. Im Oktober 2014 erhoben die Kläger gegen die Beschilderung Widerspruch, den das Regierungspräsidium Stuttgart mit Widerspruchsbescheid vom 25.07.2016 zurückwies. Das Regierungspräsidium verwies im Wesentlichen darauf, dass im Luftreinhalteplan Stuttgart 1990 Geschwindigkeitsbegrenzungen auf verschiedenen Straßen in Stuttgart als Maßnahmen vorgesehen worden seien, um die Emission von Luftschadstoffen abzusenken. Der Straßenverkehr sei insbesondere für Emissionen von Stickstoffoxiden der Hauptverursacher. Es sei bekannt, dass der Ausstoß von Stickoxiden oberhalb von 60 km/h stetig mit zunehmender Geschwindigkeit ansteige. Die Immissionssituation werde nach geltendem Recht an repräsentativen Messpunkten bewertet. Gleichwohl gingen Emissionen von Quellen, die nicht unmittelbar an den Messpunkten lägen, in die Hintergrundbelastung ein und würden somit auch zur gesamten Luftschadstoffbelastung beitragen. Insofern trage die Geschwindigkeitsreduktion auf der Wildparkstraße auch zur Verbesserung der Immissionssituation an der Messstelle „Am Neckartor“ und an anderen Messstellen in Stuttgart bei.  

Mit ihrer hiergegen erhobenen Klage machen die Kläger unter anderem geltend, dass das Ziel der Luftreinhaltung durch diese Geschwindigkeitsbegrenzung nicht erreicht werden könne. Geschwindigkeitsbegrenzungen des Kraftfahrzeugverkehrs seien möglich, wenn ein Luftreinhalteplan geeignete Maßnahmen zur Verminderung von Luftverunreinigungen vorschreibe. Dabei gelte, dass es in dem straßenverkehrsrechtlich reglementierten Gebiet zu Überschreitungen von Grenzwerten kommen müsse und dass die Gefahr der Überschreitung der Grenzwerte dauerhaft verringert werden könne. Die Wildparkstraße liege jedoch in einem Waldgebiet. Messungen in diesem Bereich würden ergeben, dass keine Schadstoffkonzentration vorliege. Nachdem dort jede Grenzwertüberschreitung ausgeschlossen sei, könne kein Luftreinhalteplan für dieses Gebiet Vorgaben machen. Der Wald könne keine Luftschadstoffe mit dem Bereich Neckartor tauschen. Die Feinstaubbelastung im Stadtkern Stuttgarts komme nicht von außen, sondern beruhe auf zahlreichen andere Faktoren. Die im Stuttgarter Kessel festgestellten Grenzwertüberschreitungen würden hier auf ein Gebiet übertragen, das auf Grund der natürlichen Abschottung von der Kessellage nichts mit der Luft in Stuttgart gemein haben könne. Die Annahme der Widerspruchsbehörde, die Geschwindigkeitsbeschränkung auf der Wildparkstraße trage zur Verbesserung der Emissionssituation an der Messstelle am Neckartor bei, sei willkürlich und durch nichts bewiesen.  

Ein Termin zur mündlichen Verhandlung steht noch nicht fest, ist aber für das Jahr 2017 vorgesehen.  

9.  Geschwindigkeitsbegrenzung auf 40 km/h an Steigungsstrecken in Stuttgart für Elektro-Smart rechtmäßig?

(Az.: 13 K 99/17) 

Der Kläger begehrt mit seiner am 03.01.2017 beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhobenen Klage die Aufhebung der Anordnung von Tempo 40 km/h auf Steigungsstrecken in Stuttgart, soweit diese Geschwindigkeitsbegrenzung auch für Elektro-Fahrzeuge gilt. 

Seit September 2014 bzw. Juni 2015 gilt an mehreren Steigungsstrecken im Stadtgebiet von Stuttgart auf Grund entsprechender verkehrsrechtlicher Anordnungen der Straßenverkehrsbehörde die Höchstgeschwindigkeit von 40 km/h, so unter anderem in der Schwarenbergstraße, Planckstraße, Pischekstraße, Albert-Schäffle-Straße und Hohenheimerstraße. 

Der Kläger wohnt und arbeitet in Stuttgart und ist Halter von zwei batteriebetriebenen E-Smarts. Die betroffenen Steigungsstrecken befährt er nach eigenem Vorbringen regelmäßig. Im November 2015 erhob der Kläger bei der Stadt Stuttgart Widerspruch gegen die Geschwindigkeitsbegrenzungen. Zur Begründung machte er unter anderem geltend, dass die den Verkehrszeichen zu Grunde liegenden Anordnungen rechtswidrig seien, soweit sie die zulässige Höchstgeschwindigkeit für alle Fahrzeuge ausnahms- und unterschiedslos auf 40 km/h begrenze. Die Einbeziehung von Elektrofahrzeugen in den Adressatenkreis sei unzulässig, da sie mangels Schadstoff-Emissionen von Elektrofahrzeugen objektiv ungeeignet seien, das mit den Anordnungen verfolgte Ziel zu verwirklichen. 

Den Widerspruch wies das Regierungspräsidium Stuttgart im Dezember 2016 zurück. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, dass der Widerspruch hinsichtlich der im September 2014 aufgestellten Verkehrszeichen bereits deshalb keinen Erfolg habe, weil der Kläger nicht glaubhaft gemacht habe, dass der Widerspruch innerhalb der einjährigen Rechtsbehelfsfrist erhoben worden sei; insoweit gelte, dass die Frist für einen Verkehrsteilnehmer zu laufen beginne, wenn er zum ersten Mal auf das Verkehrszeichen treffe. Dem entsprechend hätte der Kläger glaubhaft machen müssen, dass er frühestens im November 2016 Kenntnis von den Verkehrszeichen genommen habe. Der Widerspruch hinsichtlich der im Juni 2015 aufgestellten Verkehrszeichen sei zwar fristgerecht erhoben worden, habe aber in der Sache keinen Erfolg. Die Geschwindigkeitsbeschränkungen beruhten auf § 40 des Bundesimmissionsschutzgesetzes in Verbindung mit dem Luftreinhalteplan des Regierungspräsidiums Stuttgart aus dem Jahr 2014. Dieser beinhalte auch die Reduzierung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h auf 40 km/h auf Steigungsstrecken in Teilen des Hauptstraßennetzes in Stuttgart. Die Straßenverkehrsbehörde sei zu der verkehrsbeschränkenden Maßnahme verpflichtet gewesen. Der Erfolg der Maßnahme hänge maßgebend von der Verstetigung des Verkehrs ab. Eine Reduktion der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf 40 km/h führe zu einer Abnahme von Beschleunigungs- und Verzögerungsvorgängen. Für die Verstetigung sei es nötig, dass sich alle Verkehrsteilnehmer an die Geschwindigkeitsbegrenzung von 40 km/h hielten. Einer Verstetigung des Verkehrs diene auch die Koordination der Lichtsignalanlagen auf 40 km/h (Grüne Welle). Die Verstetigung des Verkehrsflusses sei ein wirksames Mittel gegen die besonders emissionsträchtigen gehäuften Beschleunigungs- und Verzögerungsvorgänge. Denn dabei werde vermehrt Feinstaub aufgewirbelt und durch vermehrten Abrieb erzeugt. Daran seien auch Elektrofahrzeuge beteiligt. Schon dies sei ein ausreichend tragfähiger Grund für eine einheitliche Geschwindigkeitsregelung, unabhängig von der Antriebsart. 

Ein Termin zur mündlichen Verhandlung in dieser Sache ist noch nicht absehbar. 

10.  Rechtsstreit um die „Hajek-Villa“ in Stuttgart

(Az.: 5 K 3498/16) 

Die 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Stuttgart ist mit einem Rechtsstreit über denkmalschutzrechtliche Fragen betreffend die „Hajek-Villa“ in Stuttgart befasst. In dem Verfahren hat sie zu klären, ob eine von der Denkmalschutzbehörde der Stadt Stuttgart gegenüber dem Kläger erlassene Rückbau- und Erhaltungsverfügung rechtswidrig und damit aufzuheben ist.  

Der Kläger ist seit 2010 Eigentümer eines Grundstücks im Stuttgarter Westen, auf dem sich das ehemalige Wohn- und Ateliergebäude des verstorbenen Künstlers Otto Herbert Hajek befindet. Die Villa wurde im Jahr 1921 von Prof. Paul Beck errichtet und 1967 für den Künstler Hajek umgebaut. Im Jahr 2008 war das Wohnhaus mit Atelier und Freifläche mit Plastiken aus künstlerischen und heimatgeschichtlichen Gründen als Sachgesamtheit unter Denkmalschutz gestellt worden. Der Kläger beabsichtigt, das Grundstück für ein repräsentatives Wohnanwesen für sich selbst und seine Familie zu nutzen. Im Zuge dessen begann er, am Gebäudebestand Umbaumaßnahmen vorzunehmen.  

Mit Bescheid vom 21.11.2014 erließ die Denkmalschutzbehörde der Stadt Stuttgart gegen den Kläger eine Rückbau- und Erhaltungsverfügung, mit der dem Kläger unter anderem aufgegeben wurde, zwei nach Auffassung der Stadt ohne Genehmigung abgebrochene Wände im Innenbereich wieder zu errichten sowie die vom Künstler Hajek gestaltete Hauseingangstür restaurieren zu lassen. Dies begründete sie im Wesentlichen damit, dass durch die Baumaßnahmen das Erscheinungsbild des Denkmals erheblich beeinträchtigt worden seien. Die Verfügung diene der Wiederherstellung bzw. Erhaltung dieses Erscheinungsbildes.  

Nach erfolgloser Durchführung des Widerspruchsverfahrens erhob der Kläger am 16.06.2016 beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage, mit der er die Aufhebung der Verfügung der Stadt Stuttgart vom 21.11.2014 und die diesen bestätigenden Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 10.05.2016 begehrt. Zur Begründung beruft er sich im Wesentlichen darauf, dass ihm die Erhaltung der Villa Hayek nicht zumutbar sei, weshalb auch keine sich auf Teile des Kulturdenkmals beziehende Rückbau- und Erhaltungsanordnung habe ergehen dürfen. Das Villengebäude aus dem Jahr 1921 sei baufällig. Alle Gebäudeteile befänden sich in einem schlechten bis sehr schlechten baulichen Gesamtzustand. Auf Grund des nicht erhaltungswürdigen Gesamtzustands sei die Villa für ihn nicht nutzbar. Der dramatisch schlechte Zustand des Gebäudes sei für ihn beim Erwerb des Grundstücks in keiner Weise erkennbar gewesen. Die Mängel habe erst ein von ihm in Auftrag gegebenes Gutachten zutage gefördert. Die Unzumutbarkeit der Erhaltung der Villa folge jedenfalls daraus, dass ihm die damit verbundene wirtschaftliche Belastung nicht angesonnen werden könne. Eine von ihm eingeholte Wirtschaftlichkeitsberechnung habe ergeben, dass die Sanierung der Villa Hajek für ihn zu einem jährlichen Fehlbetrag in Höhe von rund 21.000 EUR führen würde.  

Dem ist die Stadt Stuttgart entgegen getreten. Sie macht im Wesentlichen geltend, dass das Gebäude unter Erhalt der Denkmaleigenschaft saniert werden könne. Vor den Abbrucharbeiten des Klägers und der Herausnahme der Heizung sei die Villa bewohnbar und damit auch nutzbar gewesen. Zu diesem Zeitpunkt wäre das Gebäude mit überschaubaren Mitteln im Bestand zu renovieren und zu nutzen gewesen. Die vom Kläger angegebenen Sanierungskosten seien völlig aus der Luft gegriffen. Bislang fehle es an einem mit der Denkmalschutzbehörde abgestimmten Sanierungskonzept, weshalb nicht geklärt sei, welche Maßnahmen zur sinnvollen Nutzung des Kulturdenkmals überhaupt erforderlich seien.  

Der Termin zur mündlichen Verhandlung ist auf Freitag, den 21.04.2017, 11 Uhr, im Saal 4 des Verwaltungsgerichts Stuttgart angesetzt.

Tabelle


   
   
     Zahlen zur Verfahrensdauer 
   
   
   Länderzuordnung in Asyl
   
  
  
  
 
  
 


 
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
 
 
 

 

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