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Allein die Zugehörigkeit zur Trinker- und Obdachlosenszene rechtfertigt kein polizeirechtliches Aufenthaltsverbot

Datum: 02.06.2014

Kurzbeschreibung: PRESSEMITTEILUNG vom 02.06.2014

Der Erlass eines Aufenthaltsverbots mag zur polizeilichen Bekämpfung der Drogenszene ein zulässiges Mittel sein, da es dabei um die Verhinderung von Drogenhandel und Drogenkonsum und damit um die Verhinderung von Straftaten geht. Das entsprechende Vorgehen gegenüber der Trinker- und Obdachlosenszene ist dagegen ohne das Hinzutreten konkreter Anhaltspunkte für drohende Straftaten nicht möglich. Allein die Zugehörigkeit zu dieser Szene begründet nicht bereits den hinreichend konkreten Verdacht für ein künftiges strafbares Verhalten, dem präventivpolizeilich begegnet werden könnte.

Das hat das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Urteil vom 19. Mai 2014 entschieden und festgestellt, dass das gegen einen Bürger von der Stadt Heilbronn verhängte Aufenthaltsverbot vom 24.05.2012 bis 24.07.2012 auf Straßen, Wegen und Plätzen im Bereich u.a. der Heilbronner Innenstadt, des Stadtgartens, des Alten Friedhofes, des Friedensplatzes und des Neckarufers rechtswidrig gewesen ist (Az.: 1 K 4357/12).

Die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts stellte fest, dass die auf § 27a Abs. 2 des Polizeigesetzes gestützte Verfügung vom 24.5.2012 rechtswidrig war. Nach § 27a Abs. 2 des Polizeigesetzes könne die Polizei ein Aufenthaltsverbot für einen bestimmten Ort/Bereich einer Gemeinde nur verhängen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die betroffene Person dort eine Straftat begehen oder zu ihrer Begehung beitragen werde. Daran fehle es im Falle des Klägers. Die Stadt Heilbronn habe in ihrer Verfügung zum Beleg überwiegend Vorfälle genannt, die entweder nicht im Verbotsbereich stattgefunden hätten oder die keine Straftat darstellten oder bereits längere Zeit zurückgelegen hätten, was ebenfalls nicht genüge. Die Akten enthielten auch keine weiteren hinreichend dokumentierten Anhaltspunkte dafür, dass beim Kläger unter dem Einfluss von Alkohol die Gefahr bestünde, beim nächsten Mal erneut straffällig zu werden. Allein die Zugehörigkeit zur Trinker- und Obdachlosenszene begründe nicht bereits den hinreichend konkreten Verdacht für ein künftiges strafbares Verhalten, dem präventivpolizeilich begegnet werden könne.

Gegen das Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim zugelassen wird. Der Antrag auf Zulassung kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils gestellt werden.

Hinweis:

Nach § 27a Abs. 2 PolG kann die Polizei einer Person verbieten, einen bestimmten Ort, ein bestimmtes Gebiet innerhalb einer Gemeinde oder ein Gemeindegebiet zu betreten oder sich dort aufzuhalten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass diese Person dort eine Straftat begehen oder zu ihrer Begehung beitragen wird (Aufenthaltsverbot). Das Aufenthaltsverbot ist zeitlich und örtlich auf den zur Verhütung der Straftat erforderlichen Umfang zu beschränken und darf räumlich nicht den Zugang zur Wohnung der betroffenen Person umfassen. Es darf die Dauer von drei Monaten nicht überschreiten

 

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